Seit dem Erbrechtsänderungsgesetz 01.01.2017 bestehen strenge Formvorschriften für letztwillige Verfügungen. Urteile und derzeit kursierende Schlagzeilen in diesem Zusammenhang führen zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit für bereits errichtete Testamente.
Auf Basis des Erbrechtsänderungsgesetzes per 01.01.2017 ist zuletzt mit Entscheidungsdatum 26.05.2020 eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (OGH) ergangen, die aufgrund ihrer rechtlichen Beurteilung Anlass dazu geben könnte, die Formgültigkeit von fremdhändigen letztwilligen Verfügungen in Zweifel zu ziehen.
Das verfahrensgegenständliche fremdhändige Testament bestand aus zwei Blättern, die nur mit einer Heftklammer verbunden waren. Auf der ersten Seite des Testamentes befand sich der Text des Letzten Willens, auf der zweiten Seite nur die Unterschrift des Testators und der Testamentszeugen. Der OGH beurteilte das Testament mit der Begründung, dass durch die lediglich mit einer Heftklammer verbundenen Blätter, die äußere Urkundeneinheit nicht hergestellt wurde und ein inhaltlicher Zusammenhang nicht gegeben war, für formungültig (vgl. OGH 2 Ob 51/20v).
Ist das Testament mangels Einhaltung der Formvorschriften ungültig, kann es zur Bestreitung des Letzten Willens kommen, nicht gewollte Erben kommen zum Zug oder bei Fehlen dieser, fällt das Vermögen an den Staat.
Für die Formgültigkeit eines fremdhändigen Testaments ist ein äußerer oder innerer Zusammenhang notwendig.
Der äußere Zusammenhang laut OGH ist dann gegeben, wenn vor der Leistung der Unterschriften von Erblasser und Zeugen oder während des Testiervorgangs, die losen Blätter so fest miteinander verbunden werden, dass die Verbindung nur durch Zerstörung oder Beschädigung der Urkunde gelöst werden kann. Dies ist zum Beispiel beim Binden, Kleben oder Nähen der Testamente gegeben (OGH 2 Ob 51/20v).
Für die Herstellung einer inhaltlichen Urkundeneinheit zwischen mehreren losen Blättern kann neben der Fortsetzung des Textes auch ein vom Testator unterfertigter Vermerk auf dem zusätzlichen Blatt mit Bezugnahme auf seine Letztwillige Verfügung ausreichend sein. Diese Bezugnahme muss inhaltlicher Natur sein, d. h. es muss erkennbar sein, auf welche inhaltliche Anordnung sich der Vermerk bezieht (OGH 2 Ob 51/20v).
Weder das Zusammenfügen der mehreren Blätter mittels einer Büroklammer noch die Aufbewahrung der losen Blätter im Tresor eines Rechtsanwalts reicht zur Herstellung der äußeren Urkundeneinheit aus. Auch eine Seitennummerierung kann in der Fußzeile des zweiten Blattes die innere Urkundeneinheit nicht begründen, weil sich daraus kein inhaltlicher Bezug zum Text der letztwilligen Verfügung auf dem ersten Blatt ergibt (vgl. 2 Ob 145/19s).
Ich empfehle Ihnen daher dringend Ihr Testament auf Formgültigkeit prüfen zu lassen um jegliche Unsicherheiten auszuschließen.
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